LAWINFO

Vertragsmanagement

QR Code

Geschäftspartner / Gegenparteirisiken

Rechtsgebiet:
Vertragsmanagement
Stichworte:
Gegenparteienrisiko, Geschäftspartner, Vertragsmanagement
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Definition Geschäftspartner (Business Partner)

Als Geschäftspartner (sog. Business Partner) gelten

  • Positiv
    • Jeder, der mit dem eigenen Unternehmen in geschäftlichem Kontakt steht wie
        • Kunden
        • Lieferanten
        • Subunternehmer
        • Lizenznehmer
        • Franchisenehmer
      • Vertriebspartner
      • Berater und andere Dienstleister
      • Intermediäre
      • etc.
  • Negativ
    • Mitarbeiter oder Organe des eigenen Unternehmens (zB VR oder Revisionsstelle etc.) sind keine Business Partner.

Business Partner-Due Diligence-Ziel

Mit der Prüfung von Geschäftspartnern sollen identifiziert und abgesichert werden:

  • Annahmen über den Geschäftspartner;
  • Voraussetzungen einer Zusammenarbeit;
  • Angebote;
  • relevante Risiken.

Welche Form der Due Diligence Anwendung finden soll, hängt ab

  • von der jeweiligen Situation;
  • vom Vorhaben;
  • vom Risikoausmass.

Bewertet und überprüft werden:

  • potenzielle Geschäftspartner;
  • bestehende Geschäftspartner;
  • deren verantwortlich handelnde Personen.

Business Partner-Due Diligence-Notwendigkeit

Eine Due Diligence Prüfung ist für alle Unternehmen und Organisationen wichtig, welche mit einem Geschäftspartner ein Rechtsgeschäft oder eine Zusammenarbeit planen, wie:
  • M&A-Aktivitäten
  • Joint Ventures
  • Lieferketten
  • Vertriebskanäle
  • Wertschöpfungsketten
  • etc.

Onboarding Due Diligence

Viele Vertragsparteien überspringen, geblendet durch die Geschäftsabschluss-Möglichkeit, die Grundsatzfrage, mit wem und, ob man mit der betreffenden Gegenpartei Geschäfte tätigen kann und soll:

  • Gegenparteien-Kontrolle („screen business partners“)
    • Informationen aus Markt oder Branche
    • Checks
      • Geldwäschereibekämpfung (AML Anti Money Laundering)
      • Terrorismusbekämpfung (CFT Countering the Financing of Terrorism)
      • Korruptionsbekämpfung (Anti Corruption, FCPA & UK Bribery act)
      • Allgemein
        • Unternehmenssitz
        • Ergebnisse, Bilanzen und Erfolgsrechnungen
        • Sanktionslisten
        • PEP-Listen
        • Red Flags
        • Negative (internationale) Berichterstattung
  • Charakter der Gegenpartei
    • Rückschlüsse aus der Zusammensetzung der Verhandlungsdelegation
    • Rückschlüsse aus internen Entscheidungsabläufen
    • Rückschlüsse aus Antwort- und Erklärungs-Verhalten
    • Erfordernis: Handshake-Qualität der Gegenpartei
  • „mit bestimmten Personen schliesst man einfach keine Verträge“
    • Vorauseilender Parteienruf bzw. Ruf des beigezogenen Beraters (Anwalts)
    • Parteienscreening
    • Bauchgefühl
    • Erfahrungen aus vorvertraglichen Verhandlungen
  • Grundsatz, dass sich Personen in gleichen oder ähnlichen Situationen immer wieder gleich verhalten
  • Gegenpartei ist nicht in der Lage das geplante Geschäft zu tätigen
    • Fehlende Bewilligungen (zB Bank- und Effektenhändler-Lizenz, SRO-Anschluss uam)
    • Fehlende fachliche Kompetenz
    • Fehlende personelle Ressourcen (Manpower)
    • Fehlende Infrastruktur
    • Fehlende finanzielle Mittel
  • Ausfall der Gegenpartei
    • Unternehmung kann ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen
      • Behördliche Auflagen (Aufsicht)
      • Insolvenz
    • Gesellschaftsstruktur
      • Unternehmen mit ungewöhnlicher und / oder komplexer Eigentümerstruktur
      • Unübersichtliche Verhältnisse
      • zu steuer- oder refinanzierungs-getriebene Strukturen
      • unerklärliche Unternehmens- bzw. Funktions-Splittings
    • Refinanzierungsgebaren
      • (stringente) Leverage-Finanzierung
      • Eigenkapital-Nachweise gegenüber Bank, refinanziert durch Private Equity
      • u.ä.
    • PEP-Risiken
    • Stringente Überwachung / Compliance
    • Risikodiversifikation
  • Potentielle (Compliance-)Risiken
    • Gefahr, dass man sich in die Abhängigkeit des Geschäftspartners begibt
    • Korruption
    • Kartellrechtsverletzungen
    • Regelverstösse bei
      • Einkauf
      • Vertrieb
      • Projektgeschäft
      • Expansion in andere Länder
    • Reputationsrisiken

High Risk-Business Partners

Bei High Risk-Business Partners drängt sich eine weitergehende Business Partner- Due diligence, eine sog. «Enhanced Due Diligence», auf:

  • detaillierte Informationen über Personen und Unternehmen
  • weitergehende Angaben zu den Personen und / oder zum Unternehmen, wie
    • Abgleich von Watch- und Sanktionslisten
    • Genaue Analyse der wirtschaftlichen Verhältnisse
    • Beizug von Informationen aus externen Quellen für die Risiko­bewertung
    • Abklärungen hinsichtlich allf. Geldwäsche-Vorwürfe (Anti Money Laundering (AML)).

Eine verstärkte Sorgfalt, d.h. eine sog. «Enhanced Due Diligence», kann in folgenden Situationen angebracht sein:

  • Politisch exponierte Personen (Politically exposed persons (PEP’s)
  • Unternehmen mit ungewöhnlicher und / oder komplexer Organisations- oder Unternehmensstruktur
  • Privatbanken
  • Anonyme Transaktionen in der Unternehmenshistorie
  • Länder, gegen welche Sanktionen und / oder Embargos erlassen wurden
  • Länder ohne angemessene AML- / CFT-Systeme
  • Hochrisiko-Länder gemäss Geldwäscherei-Gesetzgebung oder -Abkommen.

Business Partner-Screening zur Selbststeuerung

Die Business Partner-Due Diligence, oder hier auch «Screening» bezeichnet, soll das eigene Verhalten kontrollieren bzw. steuern und Falscheinschätzungen offenbaren.

Jedermann lässt sich durch den Auftritt und das Verhalten der Gegenpartei beeinflussen:

  • Makellose Erscheinung der Vertreter der Geschäftspartner
  • Knigge-Beachtung und Weltgewandtheit
  • Brancheninformiertheit
  • Behauptete Gemeinsamkeiten
  • Vorgaukelung eines Geschäftsmodells
  • Nichtoffenlegung aller Informationen oder Tatsachen
  • Social Engineering der Gegenpartei
  • etc.

Oft ist es die eigene Haltung, die zu einer – unzutreffenden oder unrealistischen – Einschätzung beiträgt:

  • Unbewusst:
    • Emotionen
    • Sympathien für die Gegenpartei
    • Gegenpartei hat in seinem Verhalten etwas, was einem fehlt
    • Hilfsbereitschaft
    • die eigenen Gier
    • Mainstream-Denken
    • Gedanken, dass
      • eine Geschäftsmöglichkeit verpasst wird
      • es sich um eine einmalige Chance handelt
      • ein Konkurrent die Geschäftschance einem wegschnappt
      • einem die Zeit für ein bestimmtes gewinnträchtiges Geschäft davonläuft
      • ein späterer Einstieg ins Geschäft die Gewinnspanne kürzt
      • etc.
  • bewusst:
    • Man will ein lange erstrebtes Ziel erreichen und sieht nun die Chance dazu, auch wenn man nicht absolut von der Sache überzeugt ist
    • man sieht Gefahren u/o Probleme, denkt aber, dass man genügend kompetent und potent ist, die Geschäftsfolgerisiken zu managen
    • man will später Fehler der Gegenpartei ausnutzen, das konkrete Business oder gar das Unternehmen des Geschäftspartners an sich ziehen,
      • wobei dann von bestimmten Geschäftspartnern nicht erstrebenswerte Ebenen erklommen werden,
        • wer übertölpelt besser
        • wer hat sich besser vorbereitet («wer hat die bessere Karten»)
        • wer hat das bessere «Vertragsverletzungs-Modell»
        • wer hat die besseren Beziehungen
        • wer hat die «besseren» Anwälte
        • wer hat mehr Geld
        • wer ist intelligenter
        • wer ist korrupter
      • wobei die einen eher Laien statt «ebenbürtiger» Vertragspartner aussuchen
      • wobei es für andere eine Art «Sport» ist, sich mit anderen unfairen Partnern zu messen.
  • Kombination von unbewusster und bewusster Falscheinschätzung

Elemente der Business Partner-Due Diligence-Prüfung

Eine Business Partner-Due Diligence soll helfen, folgende vier wesentliche Risiken vermeiden oder vermindern:

  • Wirtschaftliche Risiken
    • Beim Kauf, bei einer Fusion oder bei einem sonstigen Zusammenschluss von Unternehmen ist eine Due Diligence Check essentiell, um zu validieren:
      • Reputation und Qualität des Übernahmekandidaten;
      • Kaufobjekt.
    • Die Prüfung sollte auf Basis einer systematischen Analyse erfolgen, mit
      • Bewertung von
        • Stärken
        • Schwächen
      • Absicherung der Zielerreichung
      • Einschätzung der
        • Chancen
        • Risiken.
  • Finanzielle Risiken
    • Die Zusammenarbeit mit nicht-integren Geschäftspartnern kann Folgen haben, zB
      • Sanktionen
      • Strafen / Bussen
      • etc.
  • Rechtliche Risiken
    • Mithilfe der Due Diligence-Prüfung können sich Unternehmen davor schützen, in Verbindung gebracht werden, mit einem Geschäftspartner, einem Lieferketten-Partner oder einem Subunternehmen, welche sich schuldig machten oder in Verbindung gebracht werden, mit:
      • Bestechung;
      • anderen Formen der Korruption;
      • Geldwäscherei.
  • Reputations-Risiken

Ablauf Business Partner-Due Diligence-Prüfung

Ein Business Partner-DD-Prüfprozess kann wie folgt ablaufen:

  1. Vorbereitung / Analyse
    1. Identifikation des Vertragspartners
    2. Bestimmung der Person des zu prüfenden Business Partners
    3. Festlegung
      1. der notwendigen Ressourcen;
      2. der zu sammelnden Informationen;
      3. des Prüfungsumfangs;
    4. Bezeichnung der zu beschaffenden Dokumente zum Unternehmen bzw. zu Personen (Entscheidungsträger)
  2. Entscheid
    1. Business Partner-DD-Prüfauftrag erteilen?
    2. Zusammenarbeit mit Business Partner ablehnen?
  3. Umsetzung
    1. Google-Screening
    2. WorldCheck
    3. Handelsregister-Check
    4. Abklärung
      1. formale Organe des Geschäftspartners
      2. faktische Organe der Gegenpartei
    5. Ermittlung des / der wirtschaftlich Berechtigten
    6. Abgleich mit
      1. globalen Sanktionslisten
      2. Watchlists
      3. Blacklists
    7. PEP-Check
    8. Analyse der zusammengetragenen Informationen
    9. Identifizierung von
      1. Schwachstellen
      2. potenziellen Risiken
    10. Erstellung eines Due Diligence Reports mit Auflistung der Ergebnisse bzw. Summary
  4. Kontrolle
    1. Festlegung des Ongoing-Prüfzyklus
    2. Bestimmung des Business Partner-Monitorings
      1. Verhaltensschwächen
      2. Veränderungsvorgaben
      3. Reaktionsschwelle bei Fehlentwicklung
      4. etc.

Ongoing Due Diligence

Nichts ist beständiger als die Veränderung. Es können sich daher auch die Verhältnisse bei einem Geschäftspartner (ver-)ändern, weshalb zu empfehlen ist:

  • Eine periodische Überprüfung bestehender Geschäftspartner.

    Kontakt

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Kontakt / Help

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Anrede

    Ihr Vorname*

    Ihr Nachname*

    Firma

    Telefonnummer*

    Betreff (Interessen- / Streitgegenstand)*

    * = Pflichtfelder

    Eine Kopie der Mitteilung geht an die im Feld "E-Mail" angegebene E-Mail-Adresse.

    Vorbehalt / Disclaimer

    Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

    Urheber- und Verlagsrechte

    Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.